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Das Lindener Schlachthaus
von Horst Bohne
Blick auf Linden-Nord um 1955. Vorne links befindet sich der teilweise zerstörte Gebäudekomplex des Schlachthauses, dahinter verläuft die Häuserzeile der Steigertahlstraße. Im Hintergrund rechts ist schemenhaft die Bethlehemkirche zu erkennen.
[Quelle: Sammlung Werner Müller]
Wer vom Küchengarten auf der Limmerstraße in Richtung Limmer geht oder fährt, sieht vor der Brücke des Westschnellweges rechts die Steigertahlstraße mit dem großen Wohnblock der Gartenheim-Genossenschaft, der Anfang der 1930er Jahre errichtet wurde. Gegenüber, auf der linken Seite der Limmerstraße, befindet sich das Freizeitheim Linden. Es wurde am 28. Januar 1961 eingeweiht. Vorher befand sich dort der Gemüsegarten des katholischen Krankenhauses St. Joseph-Stift.
Und dann ist Schluss mit Linden; die Fösse, der kleine Salzwasserbach, markiert die Trennlinie nach Limmer. Moment mal, noch nicht ganz! Alte Zeitzeugen erinnern sich: Rechts, zwischen der Steigertahlstraße und der ehemaligen 'Schwanenburg', gab es früher noch Gebäude. Dort befand sich auch das Lindener Schlachthaus.
Es war 1893/94 nach einem Entwurf von Georg Fröhlich auf dem stadteigenen Grundstück Limmerstraße 128 gebaut worden. Die Stadt Linden, deren Einwohnerzahl durch die Industriealisierung seinerzeit sprunghaft gestiegen war, benötigte ein eigenes Schlachthaus. Es war an den Wochentagen von 8 bis 18 Uhr, sonnabends von 8 bis 16 Uhr geöffnet. An den - vom Magistrat festgesetzten - Hauptschlachttagen galten längere Öffnungszeiten, und zwar im Zeitraum April bis September von 8 bis 20 Uhr und im Zeitraum Oktober bis März von 8 bis 19 Uhr. Freibank zum Verkauf minderwertigen, aber nicht gesundheitsschädlichen Fleisches war nur an Selbstkonsumenten erlaubt.
Fotodokument aus der Zeit des ersten Weltkriegs: Bedienstete und Soldaten auf dem Hof des Schlachthauses Linden im Jahre 1917
[Quelle: Historisches Museum Hannover]
1920 erfolgte die Eingemeindung der Stadt Linden in die Stadt Hannover. Zu dieser Zeit wird im Adressbuch für das Haus Limmerstraße Nr. 128a der Schlachthausdirektor Dr. med. Eduard Rekate als Tierarzt genannt. Im selben Haus wohnte auch die Lehrerin Margrit Rekate - seine Frau oder seine Schwester? Auch im Jahr 1923 zeigt das hannoversche Adressbuch noch diese Eintragungen, 1925 dann nicht mehr.
Nach dem Zusammenschluss von Hannover und Linden wurde der Schlachthausbetrieb dem stadthannoverschen Schlachthof übertragen. Er war 1881 von der hannoverschen Fleischerinnung am Misburger Damm errichtet worden und mit der Wende zum 20. Jahrhundert in städtischen Besitz übergegangen. Hierzu sei noch eine historische Anmerkung erlaubt: Die Gründung des hannoverschen Schlachthofes erfolgte unter maßgeblicher Beteiligung der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover (NGH), die bereits am 11.12.1797 entstanden war. Sie ist damit eine der ältesten Institutionen unserer Stadt.
Der Schlachthausdirektor Dr. Rekate war inzwischen in die Ostermannstraße Nr. 9 in der Südstadt umgezogen. Die Betriebsgebäude des Lindener Schlachthauses wurden nun von der Stadt Hannover anderweitig genutzt. Sie eigneten sich wegen ihrer hohen Hallen vorzüglich als Requisitenlager für die Städtischen Bühnen. Und so sah man häufig den kleinen Transportwagen mit den hohen Bühnenversatzstücken schaukelnd und rumpelnd auf der Limmerstraße auf dem Weg zwischen Theater und ehemaligem Schlachthausgelände.
Aber es gab auch noch eine andere Nutzung: Der Fischereiverein Hannover hatte einen Teil - die so genannte "hohe Halle" - gepachtet, um dort seine großen Fischnetze zum Trocknen aufzuhängen, nachdem man im Herbst die Fischteiche rechtzeitig vor dem Winter abgefischt hatte.
Dann wurde der Westschnellweg gebaut. Die bis dahin zwischen der Steigertahlstraße und der 'Schwanenburg' noch stehenden Gebäude und Lagerplätze Nr. 124, 126a, 128, 128a und 130 der Limmerstraße wurden Anfang der 1960er Jahre abgerissen. An gleicher Stelle befinden sich nun die Auf- und Abfahrten des stark frequentierten Westschnellweges und die Brückenanlage über die Limmerstraße hinweg. Außerdem gibt es jetzt zwischen der östlichen Schnellwegauffahrt und der Hof-/Garagenseite der Steigertahlstraße eine größere Grünfläche, auf der hin und wieder ein kleiner Zirkus seine Zelte aufschlägt.
[Eingestellt am 23.07.2009; zuletzt geändert am 04.09.2015]
Gebäude, Institutionen, sonstige Einrichtungen
- Lindener Schlachthaus, , Hannover (Linden-Nord, westlich Steigerthalstraße)