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Radsportverein Concordia
Über 100 Jahre besteht der Traditionsverein RV Concordia Hannover. Er ist Ausrichter verschiedener Radsportveranstaltungen, u.a. auch des jährlich stattfindenden "Lindener Berg Kriteriums".
Dieser Artikel ist dem Buch "Linden - Neue Streifzüge durch die Geschichte" des Journalisten Torsten Bachmann entnommen.
Seit über 100 Jahren dem Radsport verschrieben: Der Verein Concordia wurde 1909 in Linden gegründet
Von Torsten Bachmann
Zweimal im Jahr strömen die Hannoveraner zum Lindener Berg. Ende März bzw. Anfang April zum Scilla-Blütenfest. Und am 1. Mai. Dann findet das „Lindener Berg Kriterium" statt. Es gehört zu den Traditions-Radrennen und gilt als eines der ältesten Rundstreckenrennen in Deutschland. 40 Runden á 2 km müssen die Radsportler zurücklegen, die kurze aber starke Steigung des Lindener Bergs ist auch für Profis eine Herausforderung. Veranstalter des Rennens ist der traditionsreiche Radsportverein Concordia. Zum 46. Mal sorgt er auch in diesem Jahr mit vielen ehrenamtlichen Helfern für einen reibungslosen Ablauf.
Steiler Anstieg: das "Lindener Berg Kriterium" gilt auch für Profis als Herausforderung. Zum inzwischen 46. Mal veranstaltet der RV Concordia dieses traditionelle Radrennen.
[Quelle: RV Concordia]
Vor 100 Jahren, im Oktober 1913, richtete Concordia erstmals ein Radrennen aus. Die Strecke führte damals von der Ricklinger Waldschänke nach Pattensen und zurück. Zu der Zeit zählte der junge Verein gerade einmal 30 Mitglieder - denn ein Fahrrad kostete fast den Jahreslohn eines Arbeiters. Und Arbeiter waren sie alle bei Concordia. Denn gegründet wurde der "Radfahr-Verein Concordia" am 9. Juli 1909 als Abteilung des Katholischen Arbeitervereins in Linden.
Neben den Fahrern, die draußen - in freier Natur oder auf den Straßen - trainierten, gab es bei Concordia auch die Saalsportler. Mit einem großen Gala-Saalfest wollten sie sich im Oktober 1914 den Lindenern vorstellen. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs aber verhinderte dieses Vorhaben. In den folgenden vier Kriegsjahren kam das sportliche Vereinsleben zum Erliegen. Danach begann der schwierige Neuanfang. Ehemalige Sportkameraden fanden sich wieder zum Radsport zusammen. Ende des Jahres 1919 war die Mitgliederzahl auf 67 Personen angewachsen. In den Folgejahren entwickelte sich der Verein mit sportlichen Erfolgen zu einem geachteten Gegner im Radsport. Kuno Kemna gewann für Concordia das erste Straßenrennen Hannover-Celle-Hannover. Die 65 km lange Strecke schaffte er in knapp unter zwei Stunden Fahrtzeit, eine für damalige Verhältnisse beachtenswerte Zeit. Auch in anderen Disziplinen wie dem Radball oder dem Korsofahren galten die Concordia-Mannschaften als stark. Sie waren bei Sportveranstaltungen fast schon gefürchtete, aber gern gesehene Gäste. Durch diese Erfolge konnte Concordia auch einen Sponsor gewinnen: den Fahrrad- und Automobilhersteller Dürkopp aus Bielefeld, der den Verein mit Rennrädern aus eigener Produktion ausstattete.
19.7.1931: Concordia-Fahrer Hermann Schrader gewinnt im "Großen Straßenpreis der NORAG". Der Rundfunksender NORAG übertrug erstmals live ein Radrennen.
[Quelle: RV Concordia]1934 feierte der „Radsport-Verein Concordia von 1909" sein 25- jähriges Bestehen im Hotel zum Schwarzen Bären. Im großen Festsaal moderierte der beliebte hannoversche Conferencier Walter Böhm die Festivitäten. Böhm, der sich in späteren Jahren zum deutschen Spitzenkomiker entwickelte, brachte das Publikum mit seinen Anekdoten und witzigen Gedichten immer wieder zum Lachen.
Der Verein Concordia erweiterte jetzt auch seine Aktivitäten: er führte die Aschenbahn-Radrennen im Lindener Stadion ein, zu denen viele Zuschauer strömten. Die Sportler des Vereins traten inzwischen erfolgreich bei vielen Radrennen im gesamten deutschen Reichsgebiet auf. Im Radballsport galt Concordia als die dominierende Mannschaft im Norden.
Obwohl im Zweiten Weltkrieg viele Vereinsmitglieder ins Militär eingezogen wurden, konnten die sportlichen Aktivitäten noch eine Zeitlang in kleinerem Rahmen weitergeführt werden. Hans Kaune, späterer Concordia-Vereinsvorsitzender, absolvierte Rundstreckenrennen in ganz Deutschland und startete sogar einmal in der großen „Deutschlandhalle" in Berlin. Und Hans Witzak gewann 1941, im dritten Kriegsjahr, die letzte Vereinsmeisterschaft. Erst als sich die Fliegerangriffe auf Hannover häuften, war nicht mehr an Sport zu denken. Die Schul-Turnhalle in der Salzmannstraße, die die Radsportler seit Anfang der 20er Jahre nutzten, fiel dem Bombenhagel ebenso zum Opfer wie das gesamte Sportmaterial des Vereins. Auch alle Ehrenpreise, Pokale und Urkunden, die die Sportler in über 30 Jahren errungen hatten, verbrannten.
Eine der großen Persönlichkeiten des Vereins: Hans Kaune war Berufssportler, Erster Vorsitzender und Ehrenmitglied von Concordia.
[Quelle: RV Concordia]
Der langjährige Vereinsvorsitzende Heinrich Lovermann brachte Concordia wieder auf Spur. Er rief alle Vereinsmitglieder, die den Krieg überlebt hatten, zusammen und ermutigte sie, den Traditions-Radsportverein wieder zum Leben zu erwecken. In Gemeinschaftsarbeit bauten die Mitglieder 1946 die zerstörte Turnhalle in der Salzmannstraße wieder auf. Im gleichen Jahr fanden auch erstmals Rennen auf der Straße statt. Trotz der Not der unmittelbaren Nachkriegszeit schafften es die „Concorden", ihren geliebten Radsport in der eigentlich nicht vorhandenen Freizeit auszuüben. Für zwei Vereinsmitglieder wurde der Sport sogar zum Beruf: Hans Kaune und Georg Twiehaus hatten eine Profi-Lizenz gelöst und bestritten erfolgreich Berufsrennen auf Straße und Bahn. Hans Kaune startete auch als 6-Tage-Fahrer im hannoverschen Messesportpalast. Hier war körperliche Höchstleistung gefragt. Denn vor den Rennfahrern lagen 22000 Runden, rund 3500 Kilometer - allerdings aufgeteilt in verschiedene Rennen. Dabei konnte nicht nur der Sieger jedes Rennens eine beträchtliche Prämie kassieren. Auch Wertungsspurts über mehrere Runden lockten mit Motorrad- und Fahrradprämien im Wert von 1000 Mark. Damals eine stolze Summe.
Der wiedererstarkte Verein konnte in den 50er Jahren wieder an alte Erfolge anknüpfen. Ein Wehrmutstropfen war der Verlust des langjährigen Hauptsponsors, den Dürkopp-Werken, die ihre Fahrradproduktion 1954 einstellten. Im Laufe der Zeit konnte Concordia aber immer wieder Geldgeber und Sponsoren gewinnen, was die Wertschätzung für den traditionsreichen Radsportverein zeigt. Namhafte hannoversche Betriebe oder Einzelunternehmer waren oder sind auf der Sponsorenliste zu finden, u.a. Continental, Mommeyer-Reisen, die Concordia-Versicherung, die Fahrschule Heidorn, die Lindener Volksbank oder das Fachgeschäft Fahrradkontor. Aktuell zählt der RV Concordia über 130 Mitglieder, die unter dem Dach der Vereinsgaststätte "Lindener-Sportverein Alexandria" in der Stammestraße 104 ihr Domizil haben. Angeboten werden die Radsportsparten Straßenrennsport, Bahnrennsport, Mountain-Bike,
Querfeldeinrennen, Wanderfahren und Radtourenfahren. Besonders die starke RTF-Mannschaft (Radtourenfahrten) ist über die Grenzen Hannovers hinaus bekannt.
© 2015 Torsten Bachmann, Hannover
www.torsten-bachmann.de