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Zur Stadtwerdung Lindens im Jahre 1885
In ihrer Ausgabe vom 1. April 1910 beschreibt die 'Lindener Zeitung', wie Linden 25 Jahre zuvor die Stadtrechte erworben hat. Wir geben den Artikel nachfolgend wieder. Eigene Ergänzungen und Anmerkungen zum inhaltlichen Verständnis sind in eckige Klammern gesetzt.
Mit dem stetig zunehmenden Anwachsen der Bevölkerung wurden nicht nur die Lasten der Dorfgemeinde Linden immer größer, sondern die Verwaltung wurde auch immer schwieriger und komplizierter. Darum beantrage Linden schon 1866 Aufnahme in den Stadtbezirk [von Hannover] und wiederholte 1880 diesen Antrag mit der Bitte an den Oberpräsidenten, im Sinne des Antrags auf die Stadt Hannover einzuwirken; aber vergebens. [Anm.: siehe dazu den Beitrag "Die Vereinigung von Hannover und Linden - eine fast hundertjährige, unglaubliche Geschichte" von Horst Deuker.]
Die Gemeindevertretung faßte darum am 27. Januar 1882 den Beschluß, die städtische Verfassung [für Linden separat] anzunehmen. Dieser Beschluß wurde dem Minister des Innern unterbreitet. Auf dessen Anraten wurde zunächst das Verfassungsstatut geändert. Der Gemeindevorstand bestand darnach aus dem Bürgermeister und 5 Beigeordneten. Am 3. April 1883 wurde sodann Senator Georg Lichtenberg-Hannover als erster Bürgermeister gewählt. Zugleich wurde nach den Plänen des Architekten Hehl das Rathaus an der Deisterstraße mit einem Kostenaufwande von 77.000 Mk. errichtet [Anm.: das "alte" Lindener Rathaus an der Ecke Deister-/Ricklinger Straße, im Gegensatz zum "neuen" Rathaus am Lindener Marktplatz]. Am 9. April 1883 erklärte sich der Minister bereit, in Linden ein Gymnasium zu errichten [Anm.: Kaiserin-Auguste-Victoria-Gymnasium an der Hohe Straße; heute Helene-Lange-Schule], und am 18. August desselben Jahres wurde der erste Wochenmarkt in Linden abgehalten. Inzwischen wurden die Verhandlungen zur Erlangung der städtischen Gerechtsame weiter verfolgt. Nachdem sich der Provinziallandtag für den Uebergang ausgesprochen hatte, erschien am 1. Dezember 1884 die allerhöchste Verordnung, betreffend Uebergang der Stadt Linden zur städtischen Verfassung zum 1. April 1885.
Linden hatte damals 69 zum Teil kanalisierte Straßen, 1.429 Wohnhäuser, 5.756 Haushaltungen und 25.744 Einwohner. Die Maschinenfabrik [Hanomag] beschäftigte 1.314, die mechanische Weberei 3.094, die Baumwollspinnerei und Weberei 845 und Egestorffs Salzwerke 480 Arbeiter. Die Volksschulen hatten 2.915 Kinder, die katholische Volksschule [an der Kaplanstraße] 602 und die Mittelschule [an der Eleonorenstraße] 230 Kinder. Der Gemeindeetat war auf 163.500 Mk. angewachsen. Die Volksschullasten betrugen 54.000 Mk., der Armenetat 35.000 Mk.
Am 30. März 1885 wurde der erste Magistrat gewählt: Bürgermeister Lichtenberg I [Anm.: Georg Lichtenberg; sein Bruder Karl wurde als Nachfolger im Amt des Bürgermeisters "Lichtenberg II" genannt.], Stadtsyndikus Schmalfuß, Senatoren Laporte, Stephanus, Lampe, Röttger und Niemeyer. (Senator Röttger ist noch im Dienste.) Zu Bürgervorstehern wurden gewählt: Dr. phil. Knoevenagel, Kohlenhändler Klapprott, Kaufmann Schlüter, Kaufmann Nolte, Baron E. von Alten, Kohlenhändler Borkowsky, Schlachtermeister Fiene, Hausbesitzer Heine, Schlachtermeister Hische, Fabrikant Holtzmann, Fabrikant Jakobi, Ofensetzermeister Koch, Dachdeckermeister Krohne, Fuhrherr Mävers, Oekonom Mattfeldt, Getreidehändler Reime, Kaufmann Stockmann, Böttchermeister Winkelmann. (Von diesen gehört keiner mehr dem Kollegium an.)
Am 1. April [1885] schied die junge Stadt aus dem Verbande des Landkreises Linden aus und bildete einen eigenen Stadtkreis.